Dienstag, August 22, 2006

Kleinstgeschichten

Normalerweise rücken alle ein paar Zentimeter weg, wenn in der U-Bahn einer niest. Wenn man der Ansteckungsgefahr in öffentlichen Verkehrsmitteln schon nicht entgehen kann, so will man doch ihr und ihrem Verbreiter die kalte Schulter zeigen.
Nicht so vergangenen Samstag. Als mir in der U2 am Josephsplatz ein herzhafter, lauter Nieser entfährt, der zwischen Heuschnupfen und Influenza alles übertragen könnte, wünscht mir die Frau im Sitz gegenüber schlicht: "Gesundheit".
Um sich ein paar Sekunden später trocken zu korrigieren: "Schönheit. Ewige."
Danke auch. Vielleicht verhilft mir das zu mehr Selbstbewusstsein, wenn mir das nächste Mal Germany's next topmodel begegnet.

Zweisprachige Ansagen gehören in deutschen U- und S-Bahnen zumindest an Hauptverkehrspunkten wie dem Stachus, dem Hauptbahnhof oder dem Marienplatz zum guten Ton. Wenn wir schon keine Kosmopoliten sind, dann sind wir wenigstens zur Bilingualität fähig. Deshalb spricht auch die Stimme vom Band in der S-Bahn Englisch. Und zwar so maniriert, dass sich die drei englischen Kinder, die letzte Woche mitfuhren, einfach nur weggeschmissen haben. Vor Lachen.
Nie würden Briten auf die Idee kommen, die Haltestellen, etwa in London, auch noch auf Deutsch, Niederländisch oder gar Französisch durchzusagen. Der Engländer an sich ist der Fremdsprache nicht fähig. Und steht dazu. Danke dafür.

Als Tourist darf in München schon gelten, wer nur mal kurz für einen Tagesausflug von Pfaffenhofen aus rein gefahren ist. Mit der Rolltreppe kennt er sich nämlich genau so wenig aus wie die Kollegen aus Amsterdam, Norwich oder Miami.
Rechts stehen, links gehen ist die Devise. Der Tourist hält sich daran natürlich nicht. Er blockiert die Rolltreppe, er sorgt dafür, dass entnervte Städter ihre Bahn verpassen und sich aufregen müssen. Der Durchschnitts-Städter hält es natürlich für falsch, den Touri auf seinen Faux Pas hinzuweisen oder sich vorbei zu drängeln. Lieber bleibt er augenrollend hinter dem Touri stehen, der nicht weiß, wie ihm geschieht und nur erahnen kann, dass er was falsch gemacht hat.
Übrigens habe ich lange geglaubt, dass das mit den Rolltreppen in London genau anders herum wäre. Links stehen, rechts gehen. Logisch, oder? Die fahren ja auch links. Meine Freundin V. klärte mich schließlich auf. Auch in Großbritannien steht man rechts.
So wurde ich nicht sofort als Tourist entlarvt. Danke.