Freitag, August 25, 2006

Der Cineast

Echte Cineasten habe ich mir immer so vorgestellt: Männlich, groß gewachsen, schlank bis dünn, schwarzes Sakko, weißer Seidenschal, Student der Philosophie, Ethnologie, Sinologie und Religionswissenschaften im achtzehnten Semester. Der Cineast schaut sich im Kino am liebsten französische oder skandinavische Filme an, wo die Figuren meist in kaltes Neonlicht getaucht und gemein zueinander sind.
Doch - das ist eine Lehre aus dem Untergrund - es gibt kein Klischee, das sich nicht nach drei U-Bahn-Stationen als völlig unzutreffend herausstellen würde.
Echte Cineasten sind männlich, Ende zwanzig, leicht prollig und führen solche Gespräche:

Cineast: Also, Fluch der Karibik war ja wieder so ein Film, da war es extrem schwierig, reinzukommen.
Begleiterin: Ja. Mhm.

Cineast: Weißt du, wenn ich mir einen Film schon anschau, dann will ich den nicht irgendwo und irgendwie sehen. Dann muss alles stimmen. Im Mathäser (Anm: großes Münchner Kino) zum Beispiel, da hab ich meinen Platz, in meiner Reihe. Saal sechs zum Beispiel: Der hat 873 Plätze. Da will ich genau in der Mitte sitzen. Denn nur dann siehst du den ganzen Film. Dann hast du die Leinwand genau vor dir. (markiert mit den Händen eine Leinwand, sein Sitznachbar muss den Kopf leicht zur Seite neigen, um nicht von der imaginären Leinwand erwischt zu werden)
Begleiterin: So.

Cineast: Ich muss halt warten, bis ich meinen Platz bekomme. Ich seh mir den Film erst an, wenn ich meinen Platz habe. Das macht so viel aus, glaub's mir.
Begleiterin: Hm. Ich geh ja nicht so oft ins Kino.

Nach einer weiteren, recht einseitigen Diskussion über den neuen James-Bond-Darsteller ("zu sehr Sonnyboy", meinte der Cineast) und die Probleme die entstehen, wenn der Hauptdarsteller ausgetauscht wird - der Cineast fragte zum Beispiel: "Was wäre MacGyver ohne Richard Dean Anderson?" - eine Frage, die zugegebenermaßen zu Recht heute kaum noch jemand stellt -
jedenfalls verließ der Cineast am Josephsplatz seine Begleiterin (eine gewisse Erleichterung kann man ihr nicht absprechen) und stieg aus.
Er hatte bestimmt wichtiges zu tun. Kinokarten reservieren, vielleicht. Saal 6, genau in der Mitte.

Dienstag, August 22, 2006

Kleinstgeschichten

Normalerweise rücken alle ein paar Zentimeter weg, wenn in der U-Bahn einer niest. Wenn man der Ansteckungsgefahr in öffentlichen Verkehrsmitteln schon nicht entgehen kann, so will man doch ihr und ihrem Verbreiter die kalte Schulter zeigen.
Nicht so vergangenen Samstag. Als mir in der U2 am Josephsplatz ein herzhafter, lauter Nieser entfährt, der zwischen Heuschnupfen und Influenza alles übertragen könnte, wünscht mir die Frau im Sitz gegenüber schlicht: "Gesundheit".
Um sich ein paar Sekunden später trocken zu korrigieren: "Schönheit. Ewige."
Danke auch. Vielleicht verhilft mir das zu mehr Selbstbewusstsein, wenn mir das nächste Mal Germany's next topmodel begegnet.

Zweisprachige Ansagen gehören in deutschen U- und S-Bahnen zumindest an Hauptverkehrspunkten wie dem Stachus, dem Hauptbahnhof oder dem Marienplatz zum guten Ton. Wenn wir schon keine Kosmopoliten sind, dann sind wir wenigstens zur Bilingualität fähig. Deshalb spricht auch die Stimme vom Band in der S-Bahn Englisch. Und zwar so maniriert, dass sich die drei englischen Kinder, die letzte Woche mitfuhren, einfach nur weggeschmissen haben. Vor Lachen.
Nie würden Briten auf die Idee kommen, die Haltestellen, etwa in London, auch noch auf Deutsch, Niederländisch oder gar Französisch durchzusagen. Der Engländer an sich ist der Fremdsprache nicht fähig. Und steht dazu. Danke dafür.

Als Tourist darf in München schon gelten, wer nur mal kurz für einen Tagesausflug von Pfaffenhofen aus rein gefahren ist. Mit der Rolltreppe kennt er sich nämlich genau so wenig aus wie die Kollegen aus Amsterdam, Norwich oder Miami.
Rechts stehen, links gehen ist die Devise. Der Tourist hält sich daran natürlich nicht. Er blockiert die Rolltreppe, er sorgt dafür, dass entnervte Städter ihre Bahn verpassen und sich aufregen müssen. Der Durchschnitts-Städter hält es natürlich für falsch, den Touri auf seinen Faux Pas hinzuweisen oder sich vorbei zu drängeln. Lieber bleibt er augenrollend hinter dem Touri stehen, der nicht weiß, wie ihm geschieht und nur erahnen kann, dass er was falsch gemacht hat.
Übrigens habe ich lange geglaubt, dass das mit den Rolltreppen in London genau anders herum wäre. Links stehen, rechts gehen. Logisch, oder? Die fahren ja auch links. Meine Freundin V. klärte mich schließlich auf. Auch in Großbritannien steht man rechts.
So wurde ich nicht sofort als Tourist entlarvt. Danke.

Freitag, August 11, 2006

Lass mich

Gestern eine Kollegin getroffen. Wir stehen in der U2 Richtung Feldmoching, am Hauptbahnhof ist eine große Gruppe Behördenvertreter eingestiegen. Die Kollegin und ich, wir merken sofort, dass das Behördenvertreter sind. Sie tragen blaue Leinensakkos mit Hirschhornknöpfen oder Lederjacken zu Weste und Kravatte. Sie sehen aus wie der 70er Jahre-Mief, der in ihren Amtsstuben hängt. Die älteren haben keine Hälse mehr und die jungen strubbelige Frisuren.
Die Kollegin ist noch nicht lange im Geschäft, aber sie ist es. Sie hört zu, sie kann nicht anders. Je mehr sich die Behördenvertreter über den richtigen Umgang mit Protokollnotizen ereifern, desto größer werden ihre Augen. Die Ungläubigkeit springt ihr fast aus dem Gesicht, ist drauf und dran, einen Hirschhornknopf zu entern. Protokollnotizen! Ablage! Vorgehensweise! Wir sehen die Resopalschreibtische vor uns, die Zimmerpflanzen, die nicht in Erde stecken, sondern in diesen komischen braunen wasserspeichernden Steinchen, wir sehen die verstaubten Leitzordner und die grauen Telefone.
Ich kapiere nicht, um was es bei den Protokollnotizen geht, nur, dass man das jetzt erstmal drei Jahre oder so prüfen muss, dann sieht man auch, ob das funktioniert. Aha. Ich wende mich dem Gespräch zweier anderer Behördenvertreter zu und überlasse der Kollegin bereitwillig die Protokollnotizen. Die anderen Behördenvertreter, eine Mann und eine Frau, haben Töchter im gleichen Alter und betreiben Erfahrungsaustausch. Die Töchter pubertieren beide, sie helfen zwar gerne und gut im Haushalt mit (die eine schneidet die Tomaten sogar akkurater als die Mutter), aber sie sind schlecht in Mathe, haben Konzentrationsschwierigkeiten und üben nur so viel Klarinette, bis das Stück "98-prozentig" sitzt. 100 Prozent schaffen sie nicht, dazu haben sie keinen Bock. Und neuerdings, so der Mann, trage seine Tochter ein T-Shirt auf dem zu lesen sei: "Lass mich." Wenn sie eine Protokollnotiz wäre, da bin ich mir sicher, würde sie das gleiche tun.

Mittwoch, August 09, 2006

Er gehört zu mir

Ich unterhalte mich ungern in der U-Bahn. Jetzt ist es raus. Liebe Leser, ich höre Euch gerne zu, wenn Ihr in der U 3 nach Fürstenried West über Jens Lehmann, Unterwäsche oder Börsenkurse redet. Aber ich selbst? Nein, ich will nicht reden. Ich will meine Ruhe, will aus dem Fenster oder auf meine Zeitung starren und bitte nicht sprechen. Es könnte ja jemand zuhören, der das dann in einem Blog verarbeitet. Nicht auszudenken, wahrscheinlich rede ich den gleichen Mist wie die Menschen, bei denen ich mithöre.
Mit dem Mann, der mit mir Wohnung, Kühlschrank, Fernseher und noch mehr teilt, unterhalte ich mich auch nicht gerne in der Bahn. Das liegt nicht an ihm, sondern an der Tatsache, dass ich 99 Prozent meiner U-Bahn-Fahrten alleine unternehme und es einfach nicht gewöhnt bin, dabei ein Gespräch zu führen. Den Mann stört das vielleicht ein bisschen, er schneidet dann lustige Grimassen, damit ich lache, sagt Sachen wie "Du würdest jetzt lieber lesen" oder "Wir müssen aussteigen", obwohl wir das nicht müssen, und stupst mich am Knie, weil ich so unkommunikativ bin.
Anderen geht das auch so, da bin ich mir sicher. Das Teenie-Pärchen vorgestern, so glaube ich, spricht auch außerhalb des Münchner Untergrunds nicht viel miteinander. Sonst wäre ihnen schon was eingefallen - stattdessen formte der junge Mann mit seinem Kaugummi eine hellrosa Blase nach der anderen, die seine Freundin mit kindlicher Freude kichernd zerdrückte. Er starrte dabei geradeaus und formte gedankenverlorenen die nächste Blase. Kicher. Plopp. Blase geplatzt, Kaugummifetzen am Mund, kurz Kauen, neue Blase, kicher, Plopp.
Wer weiß, vielleicht kennen sie sich noch nicht so lange oder machen nächste Woche Schluss.
Definitiv zu lange kannte sich das Pärchen, das mir vor ein paar Monaten begegnet ist. Sie trugen beide die gleiche dunkelblaue Outdoor-Jacke. Partnerlook ist immer ein schlechtes Zeichen. Bestimmt kamen sie von einem Tagesausflug nach München und waren unterwegs zum Park-and-Ride-Parkplatz, um gleich zurück nach Pfaffenhofen oder Manching zu fahren. Sie saßen nebeneinander, das ist auch immer ein schlechtes Zeichen. Kommunikative Paare sitzen sich gegenüber. Sie hielten sich an der Hand, sie starrten geradeaus auf die Trennscheibe hinter den Sitzen und schwiegen. Sie waren so langweilig, dass ich mir gewünscht hätte, er würde eine Kaugummiblase formen und sie mit einem übermütigen Kichern in sein Gesicht greifen und die Blase zerstören.
So viel dazu: Der Mann mit dem ich lebe und ich, wir sitzen uns in der U-Bahn gegenüber. Und als wir letztens nebeneinander saßen, haben wir Musik gehört. Er mit dem einen Stöpsel des MP3-Players, ich mit dem anderen. Das war fast schon romantisch. Und wenn's romantisch wird, muss man nicht reden.

Freitag, Juli 28, 2006

Narziss und Erdbeermund

U-Bahnfahren verleitet zur intensiven Beschäftigung mit sich selbst. Auch wenn sich dieser Blog eigentlich um Untergrundgespräche dreht, stehen hier doch meistens Beobachtungen im Vordergrund, denn viele Menschen führen keine Gespräche in der Bahn. Höchstens Selbstgespräche. Aber dazu ein anderes Mal. Mit Selbstbeschäftigung meine ich: Menschen, die allein zehn Stationen mit der U2 fahren, sind sich ihrer selbst sehr bewusst. Und überprüfen ständig ihre Wirkung. In den Fensterscheiben der U-Bahn, zum Beispiel. Greifen wir einen ganz normalen Dienstagmorgen heraus, 8.55 in Richtung Scheidplatz. Jede zweite Frau die einsteigt, setzt sich hin und überprüft als erstes den Sitz ihrer Frisur in der Scheibe. Zupft noch ein bisschen hier, streicht dort noch ein paar Strähnen glatt.
Je jünger, desto mehr wird übertrieben. Die durchschnittliche 20-Jährige auf dem Heimweg ins Hasenbergl hat als Grundausstattung Taschenspiegel, Lidschatten, Wimpertusche und Lippenstift immer dabei und scheut sich auch nicht, diese Utensilien alle zu benutzen. Mit einer besonders aufgemotzten jungen Dame stand ich vergangene Woche in der U2 Richtung Feldmoching und musste feststellen: Wimpern tuschen und gleichzeitig in die Bahn einsteigen, geht irgendwie nicht. Wäre weniger Andrang gewesen, sie wäre hingefallen.
Was Mode betrifft ist der öffentliche Nahverkehr als Catwalk nicht zu unterschätzen. In Bus und Bahn werden neue Fummel zum ersten Mal ausgeführt, neuer Schmuck präsentiert und Wirkungen getestet. Nirgendwo sonst habe ich so viele falsche Louis-Vuitton-Taschen gesehen, nirgendwo sonst so viel goldene Gürtel und gehäkelte Schläppchen. Apropos gehäkelte Schläppchen - gestern saß mir eine gegenüber in weißen - makellos weißen! - gehäkelten Schläppchen. Wie hat sie das gemacht? Meinereins hätte die Rolltreppe noch nicht ganz genommen und die Schläppchen wären schon dreckig-braun.
Weil die Untergrundgespräche keine eindeutig modisch-stilistische Ausrichtung haben, hat sich eine andere Plattform der U-Bahn-Mode angenommen, nämlich www.cosmopolitan.de. Das ganze ist ein bisschen blutleer, denn ihren Opfern könnten die Cosmo-Frauen auch genauso gut in der Fußgängerzone oder im Einkaufszentrum begegnen, aber was soll's. Recht haben sie, die U-Bahn ist nun mal ein Biotop für seltsame Geschmäcker und Stilbrüche und sobald man sich in die Randbezirke des Münchner Verkehrsnetzes begibt, werden die Anziehsachen immer abenteuerlicher. Mode zeigt, wo Leute herkommen. Leute zeigen mit Mode, wo sie hingehören. Zum Beispiel stecken alle Mädchen mit Migrationshintergrund, die nördlich der Haltestelle Scheidplatz einsteigen, den Saum ihrer Hosen in die Strümpfe. Das hat dann was von einer Pluderhose, sieht eigentlich bescheuert aus, aber es vermittelt Identität. Keine Ahnung, was die Cosmo-Stilkritikerinnen dazu sagen, obwohl es die Gaderobe solcher Mädchen ist, die sie auf dem Kieker haben.
Diese Woche zum Beispiel, ereifert sich die unbekannte Cosmo-Autorin aus der U-Bahn über die Kombination Leggins + Minirock: "Nicht nur, dass schwarze Leggins in Kombination mit einem Jeansmini unvorteilhaft wirken können – geringelte tun dies mit absoluter Sicherheit." Der Neid trieft, schreibt die Cosmo-Dame doch von "uns Normalo-Frauen", denen die Mädels zumindest "spindeldürre Beinchen" voraus hätten. Cosmo spricht eine Warnung vor Leggins + Minirock im Allgemeinen und vor wildgemusterten Oberteilen im Besonderen aus.
Ich werde mich daran halten. Heute morgen habe ich mich übrigens dabei ertappt, wie ich gedankenverloren in die Fensterscheibe glotzte und mir dabei das Haar glatt strich.

Donnerstag, Juni 29, 2006

Untergrund-Neurotiker

Zeitunglesen in der U-Bahn ist eine diffizile Angelegenheit, es sei dann, man schämt sich nicht, die "Welt Kompakt" zu kaufen. Denn es braucht schon einen Origami-Kurs, um die Zeitung so zu behandeln, sprich: zu falten, dass man sie nicht ständig dem Sitznachbarn ins Gesicht haut. Nach 20 Minuten Fahrt trage ich deshalb keine "Süddeutsche Zeitung" mehr mit mir herum, sondern einen zerknitterten Papierhaufen, in den man vielleicht noch Salat einwickeln könnte.
Über den dreifach gefalteten Politikteil hinweg, den Rest der Zeitung schon nach einer Station zu einem unübersichtlichen Haufen verwurschtelt auf meinen Knien, beobachte ich die Frau im Sitz gegenüber, die gleich die Ausgaben der letzten drei Tage dabei hat. Das ist nichts ungewöhnliches, es gibt viele Menschen mit dem neurotischen Zug, keine Zeitung wegschmeißen zu können, bevor sie nicht auch die letzte Börsenmeldung mit Interesse gelesen haben.
Doch diese Frau liest nicht. Sie reißt und faltet. Dem Reißen und Falten widmet sie sich mit solcher Konzentration, dass man nur davon ausgehen kann, dass es sich um eine wichtige Arbeit handelt. Die Regeln kennt nur sie. Aber so viel verstehe ich: Die Frau - Ende vierzig, Brille, braune Locken, Birkenstocksandalen - reißt entweder eine Seite heraus und faltet sie zu dünnen, länglichen Rollen oder gleich einen ganzen Teil, den Sportteil zum Beispiel.
Hat sie eine gewisse Anzahl dieser dünnen Rollen zusammen, schiebt sie sich nervös einen Packen unter die Achseln und fährt fort mit dem Reißen und Falten.
Vielleicht ist das ihr Job - Reißen und Falten? Vielleicht wird sie zurzeit nicht mit der Arbeit fertig, weil die Zeitungen dicker sind? Vielleicht hat sie einen cholerischen Chef, der ausrastet, wenn nicht genug gerissen und gefaltet wurde und sie muss deshalb sogar in der U-Bahn nacharbeiten?
Oder ist das Reißen und Falten ein neuer Zeitvertreib in der Bahn, mal was anderes als Barbara-Wood-Romane und Aldi-Prospekte? Oder sparen die klein gefalteten Zeitungsteile mehr Platz in der Papiertonne? Oder ist sie eine dieser Untergrund-Neurotiker, die auch bei fünfminütigen U-Bahn-Fahrten unruhig werden, wenn sie sich nicht mit etwas beschäftigen?
Es blieb keine Zeit, zu fragen. Am Scheidplatz stieg sie hektisch aus, einen Packen Zeitungen unter den Achseln und eine heraus gerissene Lokalseite in der Hand.

Donnerstag, Juni 22, 2006

Eine Durchsage

Ob sie wohl auch im kontext-freien Raum (s. unten) entsteht, die Stimme, die zum Fahrgast spricht? Während der Fahrt, ist ja klar, spricht der U-Bahn-Fahrer. In den neuen Bahnen ist es Frau Bundschu, eine Schauspielerin, die mit warmer Stimme Münchens U-Bahn- und Tramstationen auf Band aufgenommen hat, die nun den Schaffner ersetzen. Letztens hatte Frau Bundschus Band einen Hänger und wir fuhren in der "U2 Richtung Mess Ost" und der nächste Halt war "Milbhofen". So warmherzig und heimelig Frau Bundschu klingt, ich möchte eigentlich nicht auf die oft genervt-zynischen Kommentare der leibhaftigen Fahrer verzichten.
Auf die vielen Sachsen nicht, schon gar nicht auf Frau "Noxter Holt" oder den unbekannten Fahrer, der seinen Ärger über einzelne Mitfahrer sofort rauslässt: "Dann geht's heute halt nicht nach Fahrplan, bitte, wenn sich einige Fahrgäste mal wieder nicht entscheiden können, ob sie aussteigen wollen oder nicht..." Nett auch der Kollege, der fünf Haltestellen lang darüber sinnierte, was man mit 40 Euro alles anstellen könnte, als ein Schwarzfahrer erwischt wurde: "Stellen Sie sich vor, da ist Kino mit der Freundin drin und auch noch ein Kneipenbesuch! Kaufen's halt a Fahrkarte, bittschön..." Unvergessen auch der "Wiesn-Sonderexpress" an einem Samstag im September...
Dass die Münchner Verkehrsgesellschaft sich nicht nur als Dienstleister versteht, sondern auch einer ist, hat sie am vergangenen Dienstag bewiesen. Es ist kurz nach 17 Uhr, die zweite Halbzeit im Spiel Deutschland-Ecquador läuft. Ich verzicht auf diese zweite Halbzeit, ich will vor dem Mob in einer leeren U-Bahn sitzen und in der vorgegebenen Zeit nach Hause kommen. Ich nehme es auf mich, einen Teil des Spiels zu verpassen. Die MVG steht mir bei, am Sendlinger Tor kommt die Durchsage: "Verehrte Fahrgäste, aktueller Stand im Spiel Deutschland - Ecquador: Drei zu Null! Tor: Podolski! Ihre MVG!"
Fußball überall - auch im Untergrund kein Entkommen...